Netzwerk: Ballenstedt
Kulturelle Bildung ist für uns das Fundament für Persönlichkeitsbildung. Sie ist Voraussetzung für kulturelle Teilhabe. Sie ist Allgemeinbildung. Deshalb haben sich die Menschen des Vereins heimatBEWEGEN mit dem Wolterstorff-Gymnasium, dem Schlossparkverein Ballenstedt e.V., sowie weiteren schulischen und außerschulischen Agierenden zu einem Verbund zusammengetan. Ziel des Verbunds ist es, Kindern und Jugendlichen im Bildungsprozess wichtige Impulse für das Leben mitzugeben, selbstverantwortlich zu handeln und das eigene Leben selbstbestimmt zu gestalten. Mit der Bereitstellung kreativer Methoden und Techniken wollen wir ihnen einen künstlerischen Prozess ermöglichen, sie zu eigenem schöpferischen Handeln ermutigen und Selbstwirksamkeit erfahrbar machen.
Mit der Bildung eines Verbunds aus Schulen, Kulturschaffenden und zivilgesellschaftlichen Organisationen wollen wir unserer aller Absicht eine gemeinsame Stimme verleihen. Warum genau? Um Möglichkeitsräume für Begegnungen, Kreativität, Ideen, Projekte, Träume, Fähigkeiten und Gewissheiten zu schaffen, auf deren Basis wir für unsere Familien und vor allem für unsere Kinder an einer guten Zukunft bauen können. Verantwortungsvoll, engagiert, selbstbewusst, mutig und selbstbestimmt. Wir sind davon überzeugt, dass wir unsere Region nur unter Bündelung aller bestehenden Kompetenzen und Strukturen weiterentwickeln und für die Zukunft fit machen können. Ziel ist die Sensibilisierung unserer Kinder für die Herausforderungen und Chancen unserer Zeit. Zudem ist es uns eine Herzensangelegenheit, alte und neue Dialog- und Interaktionsräume sowie gestaltungsstarke Gemeinschaften zu aktivieren, um anschlussfähig und selbstbestimmt an den Hebeln zu ziehen. Und um somit der Entwicklung unserer Region und unserer Stadt einen positiven Impuls zu geben und unsere Heimat liebens- und lebenswert zu machen – jetzt und auch in 100 Jahren. Wir stellen uns vor, dass unsere Stadt wunderbar ist und wir sind schuld daran.
Aus diesem Anlass trafen sich die Netzwerkpartner:innen zu einer offenen Auftaktveranstaltung. Ziel der Veranstaltung war das Finden gemeinsamer Visionen und Wünsche für ein lebendiges und kreatives Lernen unter Einbeziehung vielfältiger Potentiale der Institutionen und Personen im Verbund Ballenstedt. Die spielerisch entwickelten Ideen unter dem Gedankenspiel „Lieblingsfach Ballenstedt“ bilden die Grundlage für die künftige Weiterentwicklung von konkreten, attraktiven und lebensnahen Angeboten für Kinder und Jugendliche.
Einige Zeit später traf sich der Verbund Ballenstedt zur nächsten Werkstatt-Veranstaltung. Ziel war es, einige der Ideen zu Angeboten kultureller Bildung für Kinder und Jugendliche, die in der ersten Veranstaltung im vergangenen November entstandenen sind, weiterzuentwickeln. Zu Beginn der Veranstaltung tauschten wir uns dafür über Gelingensbedingungen für die aktive Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an entsprechenden Angeboten aus. In den nun folgenden Schritten wird sich ein kleineres Planungsteam zusammensetzen und die Strategie eines gemeinsamen „Fahrplans“ für kulturelle Bildung im Schulalltag entwickeln, sowie verschiedene Pilotprojekte weiterverfolgen, die in der nächsten Zeit umgesetzt werden sollen.
Ein Ergebnis war die Umsetzung eines Impuls- und Vernetzungstages für das gesamte Kollegium des Wolterstorff-Gymnasiums, unter dem Motto „Interdisziplinarität aktiv erleben und gestalten“. Ziel war dabei, Inspirationen und Kontakte zu vermitteln, um den Unterricht interdisziplinärer gestalten zu können und um Themenstränge wie Bildung für nachhaltige Entwicklung, Digitalität und fachübergreifende Kompetenzorientierung, sowie MINT-Förderung (hier insbesondere Chemie und Physik) stärker in den Fokus zu rücken. Viele außerschulisch Agierende und Kulturschaffende leisten bereits in vielfältigen Projekten interdisziplinäre Arbeit und verfügen über einen breiten Erfahrungshorizont. Auf dieses Potential konnten wir im Rahmen von kleinen Workshops für den Impuls- und Vernetzungstag zurückgreifen.
Ein weiteres Ergebnis ist das Pilotprojekt „Lernen lernen durch Kultur“ als ein Unterrichtskonzept für den Kurs „Lernmethoden der Klasse 5“.
Ausgangsidee:
Alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 haben im Rahmenlehrplan das Fach Lernmethoden/Lernen lernen. Dieses beinhaltet Themenbereiche wie:
- Nachdenken über das Lernen
- Methoden der Arbeits-, Zeit- und Lernplanung
- Umgang mit Informationen – Mediengebrauch üben und reflektieren
- Kommunikation und Kooperation im Unterricht
Die thematische Ausgestaltung und Schwerpunktsetzung können dabei individuell gestaltet werden. Mit der Anpassung des Lehrplans für Gymnasien rücken ab dem Schuljahr 2022/23 auch das fächerübergreifende Lernen ebenso wie Bildung in der digitalen Welt oder Bildung für nachhaltige Entwicklung in den Fokus der Unterrichtsgestaltung.
Die Förderung von kultureller Bildung im schulischen Kontext ermöglicht den Kindern einen ganz anderen Zugang zu Methoden und Lehrinhalten. Mit Kreativität, künstlerisch-ästhetischem Arbeiten und dem Umgang mit neuen Medien können die Schülerinnen und Schüler ihre Kompetenzen erweitern und Potential entfalten. Die Kombination des Fachs Lernmethoden mit kultureller Bildung kann so die oben genannten Themen abdecken und zugleich einen fachübergreifenden und interdisziplinären Zugang ermöglichen.
Die konkrete Umsetzung für den Verbund Ballenstedt startet mit einer Pilotklasse zum zweiten Schulhalbjahr im Jahr 2023 am Wolterstorff Gymnasium und sieht eine Kooperation von Schule und außerschulischen Agierenden vor, die dieses Vorhaben in Zusammenarbeit angehen.
Kurzbeschreibung:
Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich mit Kulturschaffenden und Vereinen in und um Ballenstedt, die im Themenfeld „Kultur“ aktiv sind. Sie lernen die Agierenden kennen, besuchen diese in ihren Institutionen und führen auch Interviews mit ihnen durch. Diese Interviews werden dann im Rahmen der Projektwoche geschnitten und zu einem Podcast zusammengestellt.
Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in kleinen Teams zusammen und jedes Team setzt sich intensiv mit einem Kulturpartner/Verein auseinander. Dazu gehören verschiedene Recherche-Aufgaben und auch das Entwickeln von passenden Interviewfragen.
Wie in der Grafik dargestellt, handelt es sich bei dem Vorhaben „Lernen lernen durch Kultur“ um einen Lernprozess, welcher durch verschiedene Schritte und Beziehungen zu außerschulischen Agierenden gekennzeichnet ist.
1. Input – Idea & Data
Zu Beginn des Projektes lernen die Schülerinnen und Schüler Grundlagen rund um das Thema Projektarbeit. Dazu gehören aber auch die Zusammenarbeit in heterogenen Teams, Kommunikation untereinander und das Erstellen eines Zeitplans für die Umsetzung.
Die Schülerinnen und Schüler sollen von Anfang an in das Vorhaben mit einbezogen werden und selbstbestimmtes Handeln erproben. In den Projektteams wird ein kommunaler außerschulischer Partner ausgewählt, mit welchem sich das jeweilige Team dann intensiver beschäftigt. Diese kommunalen Partner lassen sich den oben genannten Themenfeldern 1-6 (wie Natur & Umwelt, Geschichte & Geschichten und anderen) zuordnen.
Die Darstellung lässt bewusst offen, welche Agierenden Teil des Vorhabens sind, so können diese nach individueller Verfügbarkeit und auch inhaltlicher Fokussierung durch die Lehrkraft oder/und auch durch die Schülerinnen und Schüler ausgewählt werden.
Denkbar sind dabei unter anderem:
- Das Stadtmuseum
- Schlossparkverein
- Filmmuseum
- Bildhauerei Schlossmühle
- Akzente e.V.
- Heimatbewegen e.V.
- Kulturverein „Wilhelm von Kügelgen“ Ballenstedt e.V. und weitere
Ein wichtiges Lernziel des Faches ist der Umgang mit und das Finden von Informationen. So gehören Internetrecherche, aber auch Forschung im Feld zu den Inhalten der ersten Stunden im Fach dazu. Aus den gesammelten Informationen und Daten werden dann Ideen generiert, um spannende Interviews mit den Kultur-Agierenden führen zu können.
Interviewtechniken, Frageformen und der Umgang mit der Technik, die für das Aufnehmen der Interviews nötig ist, bilden dann einen weiteren Baustein.
So werden Medien- und Kommunikationskompetenzen mit praktischer Anwendung trainiert.
2. Get inspired
Nachdem die Vorbereitungen gelaufen sind und die Teams sich mit ihren ausgewählten Kultur-Agierenden auseinandergesetzt haben, geht es auf Kultur-Exkursion. Im Klassenverband werden die verschiedenen außerschulischen Lernorte und Agierenden nacheinander besucht. Dabei ist immer eine Projektgruppe in der Verantwortung für den Besuch bei den jeweiligen Agierenden.
Bei den Besuchen geht es um das Kennenlernen des Orts selbst, aber auch der Menschen, die dort arbeiten und sich engagieren. So lernen die Schülerinnen und Schüler je nach ausgesuchtem Ort und Partner historisches Wissen, technische Fähigkeiten, künstlerische Herangehensweisen, aber auch konkrete Berufsfelder kennen.
Bei den Besuchen führen die Kinder die Interviews und nehmen diese auf, sodass sie im Nachgang auch bearbeitet werden können. Auch hier lernen die Schülerinnen und Schüler voneinander und können Fragestellungen oder Techniken beim Besuch des nächsten Partners modifizieren, falls sich etwas als besonders gut oder verbesserungswürdig herausgestellt hat.
Die direkte Interaktion mit Menschen der Region fördert den generationsübergreifenden Austausch, sowie das Empathievermögen der Kinder. Zudem kann es zur Stiftung einer regionalen Identifikation beitragen. Je mehr sich die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Ort, ihrer Region, der Geschichte und Kultur beschäftigen, umso mehr können auch persönliche Beziehungen aufgebaut werden und vielleicht sogar Nachwuchs für lokale Vereine und Initiativen gewonnen werden.
3. Production
Mit all den gesammelten Informationen, Eindrücken und Interviews heißt es dann im Rahmen der Projektwoche: auf ans Schneiden und Produzieren! Mit professioneller Unterstützung durch Trainer:innen und Expert:innen lernen die Schülerinnen und Schüler das Schneiden und Erstellen eines eigenen Podcast.
Das Ergebnis der intensiven Arbeit wird so auch nach außen sichtbar und der Podcast am Ende der Projektwoche vorgestellt. Ziel ist es außerdem, diesen später auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
4. Output
So stehen am Ende neben dem fertigen Produkt unzählige Erfahrungen, die die Kinder sammeln konnten und Kompetenzen, die sie für ihre weitere Schullaufbahn und für ihr ganzes Leben bereichern. Ausformuliert lässt sich also sagen: Die Kinder haben Informations-, Kommunikations-, Präsentations-, sowie Methoden- und Reflexionskompetenzen erworben. Sie konnten zudem ihre regionale Identität stärken, Kompetenzen in der Zusammenarbeit als Team erwerben und sich im sinnlich-ästhetischen Ausdruck erproben.